Der Begriff Wanderjahre (auch Wanderschaft, Walz, Tippelei, Gesellenwanderung) bezeichnet die Zeit der Wanderschaft zünftiger Gesellen nach dem Abschluss ihrer Lehrzeit (Freisprechung). Sie war seit dem Spätmittelalter bis zur beginnenden Industrialisierung eine der Voraussetzungen der Zulassung zur Meisterprüfung. Die Gesellen sollten vor allem neue Arbeitspraktiken, fremde Orte, Regionen und Länder kennenlernen sowie Lebenserfahrung sammeln. Ein Handwerker, der sich auf dieser traditionellen Wanderschaft befindet, wird als Fremdgeschriebener oder Fremder bezeichnet.
Das heutige Bild über die Gesellenwanderung ist teilweise verklärt – etwa durch Gedichte oder Schuberts Liederzyklen. Allgemein bekannt sind nur einzelne fragmentarische Überlieferungen, die sich überwiegend auf den Zeitraum zwischen dem späten 18. und frühen 20. Jahrhundert beziehen. Die Geschichte der Wanderschaft als Teil der Handwerks-und Industriegeschichte sowie der Migrationsforschung ist bislang nur in Bruchstücken rekonstruiert. Eine neuere, erst 1998 aufgefundene und 2000 publizierte Quelle ist z.B. das Tagebuch des österreichischen Zuckerbäckers Ludwig Funder, der 1862 bis 1869 auf Arbeitssuche ganz Deutschland durchwanderte.